Nach Zwischenfall bei Demokratie-Demo: Polizei findet verbotene Sprengsätze in der Wohnung eines Auerbachers

Das Zünden eines verbotenen Sprengkörpers hat für einen 38-Jährigen ein Nachspiel. Inzwischen ermittelt der Staatsschutz.

Auerbach.Nach dem Zünden eines Sprengkörpers am Rande der Demokratie-Demo am Samstag im vogtländischen Auerbach ermittelt jetzt der Staatsschutz der Kriminalpolizei gegen einen Mann aus Auerbach. Das teilte die Polizei auf Anfrage von „Freie Presse“ mit.
Kurz nach Beginn der Kundgebung für Demokratie, Weltoffenheit und Toleranz war es an jenem Nachmittag gegen 15.25 Uhr zu einem Zwischenfall gekommen.

Während des Redebeitrags von Bundestagsvizepräsidentin Yvonne Magwas (CDU) detonierte nahe des Neumarkts, auf dem die Demo stattfand, ein Sprengsatz. Ecke Hainstraße, am Rand der Versammlungsfläche, ging der pyrotechnische Sprengsatz hoch, den die Polizei inzwischen als verbotenen F4-Sprengkörper einordnet. In der Folge der Detonation kam es zu einem lauten Knall inklusive starker Rauchentwicklung.

Verdächtiger trat in Farben der Reichskriegsflagge auf

Wie die Polizei jetzt mitteilt, wurde durch die Detonation eine 45-Jährige geschädigt. Sie habe über Schmerzen am Ohr geklagt und ihr Gehör sei kurzzeitig beeinträchtigt gewesen. Die Frau habe aber keine ärztliche Behandlung gewünscht, teilte eine Polizeisprecherin mit. Auf Basis ihrer Angaben konnte jedoch ein Tatverdächtiger ermittelt werden: Es handelt sich um einen 38-Jährigen aus Auerbach.

„Nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft und auf richterliche Anordnung hin wurde bei ihm eine Wohnungsdurchsuchung durchgeführt, bei der die Polizeibeamten mehrere Sprengkörper vom Typ F4 fanden und sicherstellten“, sagte Polizeisprecherin Christina Friedrich.

Kauf, Besitz und Verwendung von Pyrotechnik der Kategorien F3 und F4 ist in Deutschland nur mit behördlicher Erlaubnis gestattet. Gegen den Mann werde nun wegen einer Straftat gegen das Sprengstoffgesetz ermittelt.

Das ist noch nicht alles: Gegen den Auerbacher und zu den Hintergründen seiner Tat ermittelt inzwischen der Staatsschutz der Kriminalpolizei. Ausschlaggebend seien die bisherigen polizeilichen Erkenntnisse, bei denen auch das Erscheinungsbild des Mannes miteinbezogen worden sei.

Der Mann war mit einer Sonnenbrille und in den Farben Schwarz, Weiß, Rot gekleidet. Es sind die Farben der Reichskriegsflagge, die unter Rechtsextremen als Erkennungszeichen verwendet werden. Zu den Hintergründen der Tat sollen nun weitere Zeugen gehört werden.


Nicole Jähn 02.03.2024

Sprengkörper-Wurf stört friedliche Demokratie-Demo in Auerbach

Rund 250 Teilnehmer waren am Samstagnachmittag zu einer Kundgebung auf den Auerbacher Neumarkt gekommen. Die angemeldete Gegendemo fand nicht statt.

Auerbach.Die erste Kundgebung für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit hat Samstagnachmittag ein buntes Publikum auf den Auerbacher Neumarkt gezogen. Schätzungen der Polizei gehen von etwa 250 Teilnehmenden aus. Vor Ort schätzte mancher die Zahl höher. Organisator Matthias Ditscherlein wertete den Auftakt und dass so viele Menschen nach Auerbach gekommen waren als Erfolg. Er kündigte an, dass es weitere Aktionen für ein tolerantes und weltoffenes Auerbach geben soll.

Die für den Parkplatz an der Talstraße angekündigte Gegendemonstration fand nicht in angemeldeter Form statt. Da zu wenige kamen und auch blieben – die Polizei gibt in der Spitze 50 Teilnehmer an, löste Anmelder Samuel Schubert selbst die Versammlung kurz nach Beginn um 15 Uhr wieder auf. Die Teilnehmer aus dem Umfeld der sogenannten Montagsspaziergänge im Göltzschtal verfolgten im Anschluss vom Rand aus die Demo auf dem Neumarkt.

Teilweise kommentierten sie die Redebeiträge der Demokratie-Kundgebung mit Buhrufen. Ein breites Bündnis aus Vertretern von CDU, SPD, Grüne, jungen Liberalen, Diakonie und aus der Wirtschaft unterstützte die Kundgebung. Zuvor fand ein Friedensgebet in der St. Laurentiuskirche statt.

Während des Redebeitrags von Bundestagsvizepräsidentin Yvonne Magwas (CDU) kam es dann zu einem Zwischenfall: Ein Mann zündete nahe des Neumarkts einen Sprengkörper. Es war ein Schreckmoment aufgrund der lauten Detonation. Viele waren mit Kindern vor Ort. Zeugen vermuteten anfangs, dass der Feuerwerkskörper von einem Anwohner aus einem Haus geworfen worden war. Dem sei laut Polizei nicht so gewesen.

Die Polizei, die mit etwa 20 Einsatzkräften vor Ort war, setzte einen Verdächtigen fest. Der Mann muss sich nun wegen einer Straftat gegen das Sprengstoffgesetz verantworten. Eine Frau war nach Polizeiangaben leicht verletzt worden, da sie nahe dem explodierenden Feuerwerkskörper gestanden hatte. Sie habe über Ohrenschmerzen geklagt. Weitere gravierende Störungen habe es laut Einsatzleiter Jens Scholze nicht gegeben. Die Demo lief ohne Zwischenfälle weiter.

Die Leichtigkeit des Nachmittags eroberten dann Patricia Schramm und Jörg Dünnebier vom Tanzstudio „1, 2 Step“ in Auerbach zurück. Die Special-Olympics-Goldmedaillengewinnerin tanzte mit dem Publikum zu einer Melodie aus dem Film „Dirty Dancing“ und wurde dafür bejubelt.

Unternehmer Mike Linke sagte auf der Bühne, dass Fremdenfeindlichkeit auch die Wirtschaft im Vogtland bedrohe. „Niemand möchte mit einem Landkreis Geschäfte machen, der fremdenfeindlich ist. Deshalb ist eine solche Veranstaltung wichtig, die zeigt, dass das Vogtland bunt ist.“

Katja Knoll (39) und Nadja Pöhlmann (42) aus Auerbach waren gemeinsam auf der Demo. „Es ist mir wichtig zu zeigen, dass ich in der Stadt, in der ich lebe, gegen Rechtsextremismus einstehe“, sagte Pöhlmann. „Zu lange habe ich nicht diskutiert, weil ich dachte, das bringt ja nichts. Wie vermutlich viele. Aber ich habe erkannt, dass das der falsche Weg ist.“

Auerbachs Oberbürgermeister Jens Scharff (parteilos) resümierte, er sei nach diesem Nachmittag stolz auf seine Stadt, das Göltzschtal und das Vogtland.